Der Stern der Hoffnung hat die weltweite AIDS-Krise von Anfang an begleitet. In Deutschland wurde 1991 die "Aidshilfe São Paulo" gegründet, die sich 1995 zum "Stern der Hoffnung - AIDS-Hilfe international" erweitert hat. Die ständig wachsenden Projekte entwickelten sich in fünf Zeitphasen:

I DIE PANISCHE NOT (1985 - 1990)

São Paulo

Im Kartonsarg auf dem Armenfriedhof

Seit 1980 hat sich etwas bisher Unvorstellbares ereignet: Der HI-Virus verwandelte die Entstehung des Lebens in die Weitergabe des Todes. Blut und Sexualität wurden zur tödlichen Gefahr. Die Reaktion war Panik. Es gab kein Mittel, um den Krankheitsausbruch zu stoppen, keine Möglichkeit der Linderung für die tödlichen Folgen. Zuerst traf es Haïti, dann Nordamerika und unmittelbar danach Südamerika - insbesondere São Paulo. 1981 waren es Gays aus San Francisco, die mit schockierenden Symptomen an der unbekannten neuen Krankheit starben. Noch bevor der Virus 1983 identifiziert worden war, starben in Brasilien junge Männer mit Symptomen des Kaposi-Sarkoms (krebsartige Verknotungen auf der Haut), des Mund-Soors (Pilzerkrankung), der Toxoplasmose (einer Gehirnerkrankung), der Tuberkulose und der Abmagerung zum Gerippe.

In Brasilien verbreitete sich der Virus sehr schnell. In den Favelas und auf den offenen Straßen starben am meisten Betroffene. Viele Familien verstießen ihre angesteckten Kinder oder sperrten sie ein. Gruppen von exterminadores (Ausrottern) töteten AIDS-Kranke in den Elendsvierteln auf offener Straße.

Im opaken Dunkel von sozialem Elend und tödlicher Infektion ist dennoch ein "Stern der Hoffnung" aufgegangen. Auf Einladung von Evaristo Kardinal Arns zog Lisette Eicher 1988 für ein ganzes Jahr nach São Paulo, um in der Unterwelt der damals 16-Millionen-Stadt AIDS-Kranke zu pflegen. Ihre Familie (mit 5 Kindern) hatte ihr ein Sabbatjahr zugesagt.



II STERBEBEGLEITUNG (bis 1997)

São Paulo

Da es im Milieu des absoluten Elends weder Betten noch Räume zum Pflegen gab, galt es, mit hilfsbereiten Brasilianerinnen und Brasilianern Orte für die Pflege und für die Sterbehilfe aufzubauen. Die Missionszentrale der Franziskaner und das bischöfliche Hilfswerk Misereor ermöglichten den Kauf eines großen Landes. Diese "terra da promessa", dieses Land der Verheißung wurde der Kern des in Lateinamerika inzwischen größten Hilfswerkes für verelendete Mütter, Kinder und Marginalisierte, die mit dem HIV leben und sterben. Der international unterstützte Stern der Hoffnung hat es seit dieser Zeit der Hospizbewegung möglich gemacht, dass in 30 Häusern über 80 brasilianische Mitarbeitende den Betroffenen helfen, medizinisch mit den modernsten Mitteln gepflegt zu werden, gute Schulen zu besuchen und sich sozial zu integrieren. In Brasilien bildeten sich Hunderte von Gruppen, die über das ganze Land hin AIDS zur Aufgabe der Prävention und zum Anlass für neue Formen der Begleitung von Notleidenden machten. Die brasilianischen Mitarbeitenden gründeten mit Hilfe des Stern der Hoffnung im Norden, Osten, Westen und Süden der inzwischen auf 22 Millionen Einwohnern angewachsenen Großstadt eigenständige Werke.


Lisette Eicher und ihr Schützling

Vor allen anderen Ländern nahm Brasilien das Menschenrecht auf die volle Wahrung der Würde aller HIV-Tragenden und auf das umfassende Recht zur umfassenden Pflege in die Verfassung und in Tausende von Einzelbestimmungen auf allen Ebenen der Städte, der Bundesländer und des Bundesstaates auf. Durch den Ausfall von Krankenkassen und Sozialversicherungen sind die Armen und die Massen der Elenden auf sich selber gestellt. Mitten in allen Katastrophen des Mangels existiert in der brasilianischen Kultur der Armen jedoch eine starke Solidarität.


III DIE KONTROLLE DER TÖDLICHEN ERKRANKUNG (1996/1997)

São Paulo

Pflege und Sterbehilfe in der Favela

1996 und 1997 wurde eine ganze Serie von Medikamenten (Proteasenhemmer und Reverstranskriptaseninhibitoren) zugelassen. In der Kombination haben diese antiretroviralen Medikamente die Epidemie von Grund auf verändert. Es kam zu einem unerwartet starken Rückgang der Zahl der Erkrankten und der Todesfälle. Und vor allem gelang es, die Ansteckung bei der Geburt zu verhindern. In den Werken des "Stern der Hoffnung" wurde seit 1997 kein einziges Baby von einer HIV-positiven Mutter mehr angesteckt. Die Hochrisikogeburtshilfe und die Dreifach-Kombinationstherapie verhindern die Ansteckung, die früher bei der Geburt oder über die Muttermilch stattfand. Das war für alle HIV-Positiven und AIDS-Kranken und für alle, die mit ihnen zusammen lebten und arbeiteten, eine Wandlung von der Nacht zum Tag. Der Unterschied in der Lebensqualität ohne oder mit Medikamente ist der von der Hölle zum normalen Leben.


São Paulo

Mutterglück

Brasilien ist dabei eines der wenigen Länder der Erde, das für die umfassende Prävention in allen Risikozonen und - seit der Zulassung der Dreifach-Kombination - für die kostenlose Ausgabe aller neuen Medikamente für alle Erkrankten aufkommt.

Die Werke des "Stern der Hoffnung" wandelten sich von der Hospizbewegung in die Hilfe zur umfassenden Selbsthilfe. In zehnjähriger harter Arbeit ist es gelungen, für die Betroffenen angemessene Arbeitsstätten aufzubauen. Die von der Weltbank finanzierten Gewächshäuser, die von Elton John gestiftete Bäckerei, der Stoffdruck, die Näherei und der Aufbau einer großen Mineralwasserfabrik aus eigenen Quellen auf dem eigenen Land.


IV DIE INTEGRATION (seit 1999)

Wofür die Bevölkerung sorgt

Mit der Jahrtausendwende verstärkte sich in Brasilien die Zusammenarbeit der Hilfswerke mit UNAIDS, mit der Politik, mit der Pharmaindustrie, der Medizin und den Schulen. Die Basis bleibt die kostenlose Abgabe aller Medikamente für alle Bedürftigen durch den Staat, letztlich also die Finanzierung durch die Steuerzahler. Um diesen gesundheitspolitischen Vorschuss von Staat und Gesellschaft realistisch nutzen zu können, müssen in den betroffenen Schichten aber die Infrastrukturen zur kontrollierten Einnahme und Pflege vorhanden sein. Die Erfahrung hat gezeigt, dass nur die Begleitung zur selbständigen Entwicklung die notwendigen Infrastrukturen ermöglicht, um mit dem Virus präventiv und kontrolliert zu leben. Diese Infrastruktur fehlt in den immer noch wachsenden Elendsgebieten, die inzwischen um die 50 Millionen Menschen umfassen.


Computerschule
(von Rotary São Paulo gestiftet)

Der "Stern der Hoffnung" finanziert zwei Drittel der Löhne von ca. 85 Angestellten in den brasilianischen Hilfswerken. Alle Nahrungsmittel, die Möbel, die Kleider, die Spielsachen und der Hausrat werden seit 20 Jahren Tag für Tag von der Bevölkerung organisiert und gespendet.




V "Pflege für alle" in der globalen Not Afrikas

2013 ist in Benin der "Stern der Hoffnung Benin – Pflege für alle" gegründet worden. Seit der Entwicklung der antiretroviralen Mittel, die HIV-Positiven ein würdiges Leben ermöglichen, war klar, dass die Situation für die Betroffenen in Afrika zum Himmel schrie. In Afrika sind 12-mal mehr Menschen mit dem HI-Virus infiziert als in Lateinamerika. In der Zone unterhalb der Sahara gibt es in einzelnen Regionen über 30 % der Bevölkerung, die den HI-Virus in sich tragen. In den meisten Ländern Afrikas bleibt die Repression den AIDS-Kranken gegenüber bestehen, ohne dass flächendeckend Medikamente zur Verfügung gestellt werden.


Heute ist nicht nur Europa zur Kooperation aufgerufen, sondern auch Brasilien selber. Denn während das Verhältnis zwischen afrikanischen und europäischen Ländern durch die Verletzungen der Kolonialzeit geprägt bleibt, fühlen sich Brasilianer und Afrikaner eher verwandt. Die meisten Brasilianer haben auch afrikanische Wurzeln – meist noch aus der Zeit der Sklaverei. In dem reicher gewordenen Brasilien gibt es deshalb einen spürbaren Willen, den zunehmend verarmten Regionen Afrikas wirtschaftlich und sozial aufzuhelfen.


Während sich die Situation der HIV-Positiven in Brasilien durch die staatliche Finanzierung der antiretroviralen Mitteln verbessert hat, leben in den meisten afrikanischen Staaten noch immer über die Hälfte der AIDS-Kranken und der HIV-Positiven ohne jeden Zugang zu den Medikamenten. Im westafrikanischen Benin sind es sogar 80% der Bevölkerung, die keinerlei Zugang zur modernen Medizin und zu Medikamenten hat. In diesem extrem armen Land (Position 164 im Weltvergleich), das klimatisch und ökologisch zur Sudan-Zone gehört, zeigt sich die wachsende Schere zwischen den reichen Nationen und den zunehmend ausgepowerten Regionen dieser Erde besonders krass. Die offizielle Statistik belegt für viele Regionen Benins 2 % der Bevölkerung, die vom HIV betroffen sind. Nach der ersten Erfahrung des "Stern" könnten die realen Verhältnisse allerdings noch schlimmer sein.

Die Gründung des "Stern der Hoffnung Benin" ermöglicht die Zusammenarbeit zwischen Afrika – Brasilien und Europa. Während aus Benin über eine Million Sklaven durch das Tor der Nichtwiederkehr schritten, kommt es jetzt neu zur Begegnung. Die Hoffnung, dass dank der eigenen Entwicklung Brasilien in Afrika mitarbeiten wird, ist groß. Denn nur durch eine konsequente Medikamentation, durch Aufklärung und konstante Pflege kann die Verbreitung des tödlichen Virus in Afrika vermindert werden.


Stern der Hoffnung
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